Wie schon erwähnt, fehlte meiner Leber damals das Pyroglutamat zur Herstellung von Glutathion. Das hat einen enormen Erklärungswert für die Entstehung des oxidativen Stresses aber damit ist seine Rolle in dem Spiel noch längst nicht erschöpft. In der Genese von beta-amyloid Peptiden ist es ebenfalls ein zentraler Bestandteil und diese beta-Amyloide werden gehäuft in den Vorderhornzellen von ALS-Patienten gefunden und zwar im Zusammenhang mit oxidativem Stress, wie aus "Beta-amyloid 42 accumulation in the lumbar spinal cord motor neurons of amyotrophic lateral sclerosis patients" (2005) {7} hervorgeht.
Leider ist kein Versuch unternommen worden, dieses spezielle beta-Amyloid 42 in meinem Körper nachzuweisen, weil es dafür - zumindest zum Zeitpunkt der Diagnosevergabe - keine bildgebenden oder anderen Verfahren gab. Alle eiweißbezogenen Liquorwerte wurden jedoch als unauffällig klassifiziert. Es muss deshalb als Spekulation gewertet werden, sie als Ursache für meinen hohen Neurofilament-Wert in Betracht zu ziehen. Zumindest in der Alzheimer-Forschung wird beschrieben, dass die Erkrankung schwerer verläuft, wenn das beta-Amyloid als Pyroglutamat auftritt, weil es "verklumpt mehr als hundertmal schneller zu schädlichen Aggregaten" ("Winziger Unterschied macht Alzheimer-Protein noch schädlicher" (2017)) {8}. Die Vermutung ist naheliegend, dass das bei ALS nicht anders ist.
Etwas kohärenter stellt sich die Befundlage hinsichtlich einer möglichen Myasthenia Gravis dar, denn dank der Bemühungen eines Umweltmediziners ist der Nachweis für Autoantikörperbildung gegen Acetylcholinrezeptoren der motorischen Endplatte ja im Mai 2021 geführt worden. In dem Artikel "Formation of pyroglutamic acid from N-terminal glutamic acid in immunoglobulin gamma antibodies" (2006) ist zu lesen: "We identified the formation of pyroglutamic acid (...) in the heavy chains and light chains of several antibodies, indicating that this nonenzymatic reaction does occur very commonly (...)." {9} Wohlgemerkt: Gemeint sind hier Antikörper vom Typ IgG und da zitiere noch einmal den Satz aus dem Artikel "Current treatment, emerging transitional Therapies, and new therapeutic targets for autoimmune Myasthenia gravis" (2016): "The majority (85%) of patients have circulating antibodies targeting the skeletal muscle AchR. These antibodies are predominantly of the isotypes IgG1 and IgG3 and are directly pathogenic (...)" {4}.
Pyroglutamat ist also essenziell an beiden Erkrankungen beteiligt. Wäre es demnach möglich, dass zwei diagnostisch voneinander differenzierte pathologische Prozesse eine gemeinsame Wurzel in einem zugrundeliegenden dritten pathologischen Prozess haben? Wenn Pyroglutamat in der Leber zur Entgiftung fehlt und stattdessen pathologischen Prozessen zur Verfügung steht, wäre der Grund dafür eventuell in der Ernährung und der Umwelt zu suchen?
Untersuchungen mit einer einmaligen Gabe von Mononatriumglutamat bei Menschen und Tieren (z.B.: "Plasma pyroglutamic acid levels after oral administration of monosodium glutamate to human volunteers" (1983) {10}) zeigen eine nachfolgende Erhöhung des Pyroglutamatspiegels im Blutplasma um den Faktor 1.3-1.8. Bezogen auf die menschliche Lebensrealität in den entwickelten Industrienationen mit einer gewissen täglichen Aufnahme an Glutamat, darf von einer beträchtlichen Akkumulation von Pyroglutamat ausgegangen werden, die nicht den natürlichen Gegebenheiten unseres Organismus entspricht.
Ebenfalls für den Organismus unnatürlich ist die enorm gestiegene Konfrontation mit elektromagnetischen Feldern. Elektrosensible Menschen weisen gegenüber nicht-sensiblen höhere Pyroglutamatwerte in ihren Stoffwechselmetaboliten auf, wie der Artikel "Metabolomics and psychological features in fibromyalgia and electromagnetic sensitivity" (2020) {11} erläutert. Und: "These metabolites are involved in several metabolic pathways mainly related to oxidative stress defense (...)."
Schauen wir schließlich noch einmal auf den Befund mit den Schimmelpilzen in der DNA. Diesen hatte ich herangezogen, um das Problem der reduzierten Mikrozirkulation zu verdeutlichen. Doch er hat auch eine direkte Verbindung zu ALS. Im Artikel "Fungal neurotoxins and sporadic Amyotrophic Lateral Sclerosis" (2018) heißt es : "Exposure of neurons to fungal neurotoxins elicits a significant increase in glutamate production. High levels of glutamate stimulate TDP-43 translocation and modification, providing a link between fungal infection and one of the molecular and histologic hallmarks of sporadic ALS." {12}
{7} Calingasan NY, Chen J, Kiaei M, Beal MF. Beta-amyloid 42 accumulation in the lumbar spinal cord motor neurons of amyotrophic lateral sclerosis patients. Neurobiol Dis. 2005 Jun-Jul;19(1-2):340-7. doi: 10.1016/j.nbd.2005.01.012. PMID: 15837590.
{9} Chelius D, Jing K, Lueras A, Rehder DS, Dillon TM, Vizel A, Rajan RS, Li T, Treuheit MJ, Bondarenko PV: Formation of pyroglutamic acid from N-terminal glutamic acid in immunoglobulin gamma antibodies. Anal Chem. 2006 Apr 1;78(7):2370-6. doi: 10.1021/ac051827k.
{10} Ghezzi P, Garattini S, Caccia S, Salmona M, Zanini MG. Plasma pyroglutamic acid levels after oral administration of monosodium glutamate to human volunteers. Toxicol Lett. 1983 Feb;15(2-3):123-9. doi: 10.1016/0378-4274(83)90205-9. PMID: 6131548.
{11} Piras C, Conte S, Pibiri M, Rao G, Muntoni S, Leoni VP, Finco G, Atzori L. Metabolomics and psychological features in fibromyalgia and electromagnetic sensitivity. Sci Rep. 2020 Nov 24;10(1):20418. doi: 10.1038/s41598-020-76876-8. PMID: 33235303; PMCID: PMC7686375.
{12} French PW, Ludowyke R, Guillemin GJ. Fungal Neurotoxins and Sporadic Amyotrophic Lateral Sclerosis. Neurotox Res. 2019 May;35(4):969-980. doi: 10.1007/s12640-018-9980-5. Epub 2018 Dec 5. PMID: 30515715.
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