Oxidativer Stress

Bei einem derartigen Dilemma ist es natürlich sinnvoll, sich die körpereigenen Entgiftungssysteme etwas genauer anzuschauen. Auf der organischen Ebene sind dies Nieren und Leber. Die Untersuchung der Nieren (13.02.2019, Bild 1) zeigte anhand der stark reduzierten glomulären Filtrationsrate und des hohen Cystatinwertes eine signifikante Funktionsstörung. Ein Stoffwechseltest (04.02.2019) per Urinprobe wies nach, dass der Leber für die Produktion von Glutathion (dem wichtigsten körpereigenen Entgiftungsstoff) ein wesentlicher Bestandteil völlig fehlte, nämlich Pyroglutamat (Bild 2).

Die genetisch bedingte Entgiftungsstörung besteht aus zwei Komponenten (Bild 3):

a) das Gen zur Glutathion-S-Transferase ist nicht vorhanden (gelöscht)

b) die Funktionalität des Gens NAT2 ist verlangsamt

Durch diese Kombination zweier genetischer Defekte werden folgende Stoffe unzureichend aus dem Körper entfernt: Epoxide, Chinone, Benzidine, Alkylhalogenide, Stilben, Schwermetalle, Zigarettenrauch, Farben, Lösungsmittel uvm.

Unter diesen Voraussetzungen ist es kaum verwunderlich, dass mein Körper schon eine erhebliche Zeit vor Beginn der neuromuskulären Symptome Probleme mit der Bereitstellung von Energie hatte. Die Stoffwechselanalyse vom 04.02.2019 zeigte einen hohen Laktatwert (Bild 4), als Beleg für die anaerobe Glykolyse. D. h. der normale Energiegewinnungsprozess unter Ruhebedingungen war überhaupt nicht mehr aktiv (aerobe Glykolyse). Beachten Sie auch das völlige Fehlen von Pyruvat und Citrat.

Dieser Prozess findet als Gleichgewicht zwischen Reduktion und Oxidation statt in den Mitochondrien und wird auch als zelluläre Atmung bezeichnet. Ist das Gleichgewicht gestört, kommt es zu oxidativem Stress. Ein entsprechender Befund (Bild 5) vom 05.02.2019 bemass die damals noch bestehende Reserveatmungskapazität bei 54% (optimal min. 300%) und die maximal mögliche Sauerstoffverbrauchsrate bei 77 pmol/min (optimal min. 500). Darüber hinaus wurde auf eine verminderte Anzahl intakter Mitochondrien hingewiesen.

Was hat das mit den beiden möglichen Diagnosen ALS und MG zu tun?

Ich verweise exemplarisch auf die Artikel "Role of oxidative Stress in the pathogenesis of Amyotrophic Lateral Sclerosis" (2021) {5} und "Oxidative modifications of blood serum proteins in Myasthenia Gravis" {6}(2017). Die offensichtlich bedeutsame Rolle von oxidativem Stress bei diesem Erkrankungsspektrum ist in der wissenschaftlichen Medizin bestens bekannt. Aber bei meinen Behandlungen in zwei renommierten Kliniken und bei vier Fachärzten für Neurologie bin ich genau null mal darauf hingewiesen worden, von der zwingenden Notwendigkeit zur Entgiftung ganz zu schweigen. Hervor gehoben wurde stattdessen das für ALS-Patienten einzige zugelassene Medikament mit dem Wirkstoff Riluzol, obwohl es nur bei 7% der nicht-familiären Fälle wirksam ist. Ein bemerkenswertes Verständnis von Statistik...

 

{5} Hemerková P, Vališ M. Role of Oxidative Stress in the Pathogenesis of Amyotrophic Lateral Sclerosis: Antioxidant Metalloenzymes and Therapeutic Strategies. Biomolecules. 2021 Mar 16;11(3):437. doi: 10.3390/biom11030437. PMID: 33809730; PMCID: PMC8002298.

{6} Adamczyk-Sowa M, Bieszczad-Bedrejczuk E, Galiniak S, Rozmiłowska I, Czyżewski D, Bartosz G, Sadowska-Bartosz I. Oxidative modifications of blood serum proteins in myasthenia gravis. J Neuroimmunol. 2017 Apr 15;305:145-153. doi: 10.1016/j.jneuroim.2017.01.019. Epub 2017 Feb 7. PMID: 28284335.

 

 

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