Mit der Schlussfolgerung, keine primäre Motoneuronerkrankung sondern vor allem eine aus mehreren diagnostischen Facetten bestehende Muskelerkrankung zu haben, kommt die gute Nachricht: Muskeln sind im Gegensatz zu Nerven gut zu regenerieren. Voraussetzung hierfür ist die Wiederherstellung eines ungestörten Energiestoffwechsels. Eine norwegische Studienreihe {26} zur Ätiologie des Chronic Fatigue Syndroms (CFS) kommt zu folgender Analyse: Das mitochondriale Enzym Pyruvatdehydrogenase (PDH) wandelt Zucker in Energie um und ist bei CFS-Patienten in seiner Funktion gestört. Verantwortlich hierfür können u. a. Autoantikörper sein, nämlich genau jene (und noch ein paar weitere), die bei mir im Mai 2021 befundet wurden.
Um meine Darstellung nicht zu Überfrachten, hatte ich die Möglichkeit einer CFS-Diagnose aufgrund der nachgewiesenen Antikörper zunächst ausgeklammert. Auch den Mangel an Pyruvat und Citrat (Kapitel "Oxidativer Stress") ließ ich bisher unberücksichtigt. Nun, wo ich - befreit von der ALS-Sackgasse - meinen Körper wieder aufbauen möchte, treten genau diese Puzzleteile in den Vordergrund. Bevor ich nämlich Entscheidungen treffe hinsichtlich Ernährung und Trainingsintensität, wäre es hilfreich, diese Faktoren neu zu messen. Eine Normalisierung von Laktat, Pyruvat und Citrat würde zwei Hypothesen ermöglichen:
a) das PDH-Enzym ist grundsätzlich funktionsfähig und
b) alle in Frage kommenden Antikörper sind deaktiviert.
Diese Messwerte werden unter Ruhebedingungen erhoben und dann unter der Bedingung langsam ansteigenden Trainings weiter beobachtet. Bild 1 zeigt ein vorläufiges und adaptiertes Krankheitsmodell, das ohne beta-Amyloide auskommt.
Was noch zu berücksichtigen ist, habe ich u. a. dem sehr elaborierten Artikel "Abenteuer Motoneuron - Amyotrophe Lateralsklerose als Fehldiagnose" entnommen {27}. Dieser untermauert die These, die sich hier bereits entfaltet: ALS ist ein multisystemisches Konglomerat diagnostischer Facetten, das erhebliche individuelle Abweichungen mit sich bringt und eine Motoneuronerkrankung beinhalten kann aber nicht muss. In meinem Falle war eine solche MND passager beteiligt, aber auch eine Myasthenie, ein CSF, eine Mitochondriopathie, Autoimmunität und Multitoxizität. Die Lösung kann nicht in einem Wundermittel liegen sondern bedarf der detaillierten Bearbeitung aller Einzelheiten. Sowohl Training als auch Ernährung müssen also konzeptualisiert und beobachtet werden :
- sehr langsames und vor allem passives Training (verstärkt auftretende Faszikulationen sind ein klarer Indikator für Überanstrengung)
- psychischen Stress unbedingt vermeiden (Hypercortisolismus, Schlaf, Appetit); ALS korreliert mit konstant erhöhten Cortisolspiegeln
- Vermeidung hypo- und hyperglykämischer Zustände durch mehrere kleine Mahlzeiten am Tag (ALS korreliert mit 10% erhöhtem Energieverbrauch ggü. Gesunden). Ein Hauptgrund für meinen Gewichtsverlust von 88 auf 59 kg war die regelmäßige Induktion von hypoglykämischem Katabolismus: Dauerstress löst permanente Unterzuckerung aus, die durch Abfuhr von Glukose und Proteinen aus den Muskeln ausgeglichen wird.
- Proteinmangel vermeiden und Proteine effizient verdauen (Kohlehydrate vor Eiweiß bzw erst die Kartoffeln dann das Ei)
- regelmäßige Kontrolle von oxidativem Stress, Homocystein, TNF und Interleukin-6
- Argininmangel vermeiden. Stress und autoimmune Reaktionen verbrauchen Arginin, was den Glutamatspiegel erhöht. Knochenbrühe, Käse, Ei, Fleisch und Bohnen als regelmäßiger Nahrungsbestandteil können das ausgleichen.
- BDNF Spiegel erhöhen durch Bewegung, Curcumin und Blaubeeren
- basische Ernährung (v. a. Kalium) mit Gemüse, Obst, Nüssen und Hülsenfrüchten
{26} https://www.mecfs.de/norwegische-studie-gestoerter-energiestoffwechsel-bei-mecfs/
{27} http://www.individualdiaet.de/als-degenerative-motorneuron-erkrankungen.php
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